Update 3





Hallo liebe Lesenden,

gerade trinke ich meinen Kaffee in meinem neu eingerichteten eigenen Buero (Umlaute gibts nicht auf dieser Tastatur) hier bei der Peace Church in Kewaskum. Direkt gegenueber sind die katholischen Kollegen, und abwechselnd bimmelt mal unsere, mal ihre Glocke. Das Buero wurde liebevoll vorbereitet und es erwartete mich sogar ein Geschenkkorb mit lokalen Snacks, darunter Summer Sausage (eine Art Salami), sowie Kaese (in Wisconsin gibt es jede Menge Kaese-Herstellung, deswegen wird es auch "Amerikas Milchland" genannt). Jede Begegnung hier in der Gemeinde war ungemein freundlich und zuvorkommend, die Einrichtung auch meines Apartments (dazu komme ich gleich) sooo grosszuegig!! Ein grosser Dank geht dabei an Eric und Laura (mein Mentor und seine Frau), die mich in allem begleitet, unterstuetzt, beherbergt und beraten haben, sowie die Menschen, die hier im Kirchenbuero  und im Kirchenrat arbeiten.

Mozzarella wird hier gern in so fingerdicken Stiften gegessen, und dann zieht man sich so einen Streifen davon ab; ausserdem Cheddar in kleinen Blubbs, die man einfach so als Snack isst. Ueberhaupt gibt es hier so viele lokale oder auch typisch amerikanische Essensdinge, dass es auch unwillkuerlich zu einer kulinarischen Erfahrung geworden ist. Von dem Vorurteil, die Amerikaner haetten kein richtiges Essen, wie manche Europaeer sagen, kann ich nur Abstand nehmen. Es gibt jede Menge toller Dinge zu essen (viele Sorten von Sandwiches zum Beispiel), und selbst die Fast Food Landschaft ist deutlich diverser als bei uns. Wisconsin ist ausserdem fuer seine vielen kleinen Brauereien bekannt, da habe ich natuerlich auch schon angefangen, mich durchzuprobieren.

Ansonsten habe ich noch etwas Welpenschutz, bis zum 19. Maerz, wo ich das erste Mal hier predigen darf. Das Englisch funktioniert ganz gut, aber in manchen Situationen stottere ich noch herum, oder komme nicht auf das richtige Wort. Hoffentlich wird sich das noch etwas legen. Desweiteren gibt es haufenweise neue Namen zu lernen, aber es macht mir Spass, all die Menschen aus der Gemeinde nach und nach kennenzulernen. Jeden Sonntag gibt es 8.00 Uhr und 9.30 Uhr Gottesdienst, wobei zu dem zweiten meist deutlich mehr Leute da sind und oft auch der Chor singt. Musikalisch sind wir reich gesegnet durch Sherry, die die Kirchenmusik leitet und dann spielt oft noch ein zweiter Pianist, eine Querfloete oder anderes Instrument dazu, zum Beispiel die Konfirmandin Mia, die mit speziellen Glocken die Melodie begleitet.

Interessant ist, dass es mehrmals in der Woche Bibelstunden gibt, in denen sich jeweils feste Gruppen mit den Texten des kommenden Sonntags befassen. Darueber hinaus gibt es eine Gruppe, die sich "Faith Formation" (in etwa: Glaubensbildung) nennt und sich mit verschiedenen aktuellen Themen des Glaubens befasst. Ausserdem durfte ich vorgestern unser hundertjaehriges Gemeindeglied Paul mit seiner Frau Shirley kennenlernen. Dabei stellte ich mit Blick aus der gemuetlichen Stube nach draussen fest, dass der Rote Kardinal hier ein ganz normaler Gartenvogel ist, der am Vogelhaeuschen zum knabbern kommt - wunderschoene Tiere! Fasane, Falken und jede Menge Wild gibt es ebenfalls in den Waeldern zwischen den Siedlungen.

Wohnen tue ich selbst in Cedar Ridge, einem Wohnhaus fuer unabhaengig lebende Ruhestaendler, das fuer mich zugleich eine zweite Wirkungsstaette neben der Kirche in Kewaskum ist. Dort habe ich eine schoene Wohnung erhalten, komplett mit Kuehlschrank, Geschirrspueler, Waschmaschine und Trockner. Einiges andere haben wir die Tage noch besorgt. Die Tueren der anderen Bewohner sind alle verziert, viele davon mit Kleeblaettern wegen des anstehenden St Patrick's Day - ein Tag, der besonders fuer die von Bedeutung ist, die irische Vorfahren haben. Doch gibt es besonders in Wisconsin jede Menge Leute, die deutsche Herkunft haben und sogar noch ein paar Worte sprechen, die mir natuerlich sofort angeboten werden. Auch sind im Kirchenbuero noch einige alte deutsche Bibeln und Gesangbuecher ausgestellt, die an die Zeit der deutschen Siedler hier erinnern. Auch nach dem zweiten Weltkrieg noch gab es vereinzelt Gottesdienste in deutscher Sprache, aber es wurden immer weniger, da die letzten Leute, die noch einen Bezug zur deutschen Sprache hatten, aussterben. Aber ich bin ja auch nicht hergekommen, um Deutsch zu sprechen, sondern mich ins Englische einzugewoehnen!

Gern singe ich die amerikanische Nationalhymne vor mich hin, wenn ich in meinem Honda Odyssey ueber amerikanische Strassen fahre und immer wieder die aufgerichteten Flaggen am Wegesrand sehe, auf privaten oder staatlichen Grundstuecken. Eric mag sie aber ueberhaupt nicht, sie ist ihm zu militaristisch! Es gibt aber auch andere Gelegenheiten zum Singen, zum Beispiel den "Holden Evening Prayer", das ist eine Art der Passionsandacht, die wir Mittwoch Abend um 19.00 Uhr feiern. (Also fast wie in Nieder Seifersdorf - nur mit 7 Stunden Zeitverschiebung!) Zu dieser Variante gehoeren einige schoene Wechselgesaenge, in die ich mich gerade einuebe. Ausserdem sind die Konfis dann dran, ueber einige Themen aus ihrem Unterricht zu berichten bzw. kurze Reflektionen dazu zu praesentieren, die aber auch humorvoll gestaltet sein koennen.

Mittwochs gibt es darueber hinaus auch einen oekumenischen Gottesdienst, der immer mittags in verschiedenen Kirchen in West Bend stattfindet. West Bend ist der Nachbarort von Kewaskum und auch der Ort, wo ich wohne; er ist etwas groesser als Kewaskum. Dabei ist zu bemerken, wie auch in anderen Konfessionen hier in Amerika die Regel gilt, dass grosse Autonomie bei den Ortsgemeinden liegt. So kann eine lutherische oder katholische Gemeinde in einem Ort sehr offen fuer Zusammenarbeit sein, und in einem anderen Ort eher ablehnend gesinnt sein. Die Kirchengebaeude sind oft nicht sehr alt, was natuerlich auch viele Vorteile hat. Als ich Eric erzaehlte, dass viele unserer Kirchen in der Oberlausitz aus dem 13. Jahrhundert sind, konnte sich schon denken, wieviel Erhaltungs- und Modernisierungskosten (und der dazugehoerige Papierkram) das mit einschliesst!

Heute morgen konnte ich meinen Tag bei Jerry beginnen, ein Pfarrer im Ruhestand, der ebenfalls in Cedar Ridge lebt. Da gab es dann die beruehmten amerikanischen Pancakes mit Ahornsirup - und, interessanterweise, kleine Fleischroellchen dazu. Auch wird gern, beim Burger essen, die Pommes in den Schokoladeneis-Drink gedippt, also maximum herzhaft und maximum suess. Ich muss sagen, mir gefaellt's! Auch konnte ich endlich wieder Beef Jerky zu mir nehmen, eine Art Trockenfleisch, das es hier an jeder Ecke gibt, und das ich seit meinem Urlaub im Jahre 2004 vermisst habe. (Inzwischen findet man es auch teilweise in deutschen Supermaerkten.) Eric kann nicht mal den Geruch ausstehen, also werde ich das wohl zuhause lassen! Ebenso lecker ist PB & J (Peanut Butter and Jelly = Erdnussbutter und Marmelade), das isst man auf Toast oder als Sandwich. Klingt zu suess? Schmeckt aber genial und gibt ne Menge Power.

Gut, ich werde mal hier Schluss machen, denn ich muss noch George Orwells "1984" lesen, fuer unseren "Banned Books Club" naechste Woche! See ya!

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