The Amish People


Im Land der Amish People gibt es neben den Besucher-Parkplätzen eigene Parkplätze für Kutschen,
denn die Amish nutzen ausschließlich Pferdekutschen als Transportmittel


Letzten Freitag verschlug es mich ins Land der Amish People:


Die Amish People sind Leute, die praktisch wie im Mittelalter leben. Pferde sind neben Rindern und Hunden die wichtigsten Nutztiere: mit Kutschen und Pflügen sind sie sowohl für Transport wie für die Landwirtschaft zentral. Die Pflüge werden von zwei oder drei Pferden gezogen, der Landwirt steht (!) hinter ihnen auf dem Pflug (habe leider kein gutes Bild davon machen können), und dann geht es Reihe um Reihe, hin und her, bis das ganze Feld bestellt ist. Dafür ein Bild von einem Fohlen und seiner Mama :-)



Die Amish leben größtenteils autark, haben aber kein Problem, sich auch ihrer Umwelt zu bedienen, besonders wenn es um Baustoffe und Handel geht. Viele Baustoffe kommen von den "normalen" Amerikanern ringsum, die von den Amish "die Englischen" genannt werden, denn die Amish selber sprechen eine Art altertümliches Deutsch, das sich unabhängig von unserem Deutsch entwickelt hat, und wohl auch ein paar Anteile Niederländisch und Englisch enthält.

Auf Technologie und alle Elektrik wird größtenteils verzichtet. Geheizt wird mit Holz, als Leuchtmittel dienen Kerosin-Lampen. Viele Häuser haben spezielle Plastik-Teile im Dach, durch die Tageslicht in die Räumlichkeiten geleitet wird. Es erinnerte mich ein bisschen an manche Gruppen aus dem ultraorthodoxen Judentum: da ist beinahe ein Spaß dabei, die auferlegten Regeln unfassbar strikt einzuhalten - und sie manchmal zu umgehen, aber nie zu brechen. Solange das moderne Zeugs nicht elektrisch ist, kann es eingekauft und genutzt werden.

Die Amish sind radikal pazifistisch und dienen nicht in der Army. Waffen werden nur von manchen Amish und dann nur für die Jagd zur Nahrungsbeschaffung benutzt. Die Amish leben von der Landwirtschaft und von einer urdeutschen Tradition, dem Backen: daher sind die Bäckereien der Amish extrem beliebt bei den Amerikanern, die gern eine Stunde raus ins Amish-Land fahren, um dort einzukaufen. Weiterhin kann man Holzhandwerk, Blumen und andere Amish-Nahrungsspezialitäten in der Umgebung erwerben:


Hier könnt ihr meinen Einkauf bewundern: Ein Zimt-Rosinen-Brot, einige Butterkekse, eine Apfeltasche, sowie ein paar Süßigkeiten und Toffee (engl. Fudge). Desweiteren war ich sehr interessiert an einem Glas, das die Aufschrift "Apple-Butter" trug - es stellte sich heraus, dass es sich dabei um Apfelmus mit Zimt und ohne Zucker handelt. Mit Butter hat es nichts zu tun, aber es wird wohl als Brotaufstrich genutzt - daher der Name. Etwas Honig nahm ich auch mit, aber er reicht natürlich nicht an den der Buchholzer "Bienenkönigin" heran!


Aushang für das neue Photo-Album der Gemeinde!

Was passiert sonst so in der Gemeinde? Hier wird alle zehn Jahre eine Art Photo-Album gemacht, was bei 300-400 Mitgliedern ja noch möglich ist. Es ist auch eine tolle Möglichkeit, wieder viele Menschen hier aus der Gemeinde kennenzulernen. Natürlich muss man kein Photo von sich machen lassen. Aber für mich waren die alten Alben schon oft sehr nützlich, wenn ich mal einen Namen vergessen hatte, das Gesicht im Album aber finden konnte! Auch zu sehen, wie sich die Gemeinde(glieder) im Laufe der Jahrzehnte so verändern... eine tolle Art von Chronik.

Ansonsten bin ich in der Woche oft zu seelsorglichen Besuchen bei Leuten, die hier stärker üblich und auch offen gewünscht werden. So konnte ich vielen tollen Menschen und ihren Lebensgeschichten begegnen. Was ich auch spannend fand: hier ist es üblich, meist am Ende des Gesprächs, ein kleines Hausabendmahl zu feiern. Dabei liest man gemeinsam eine Bibelstelle oder Psalm, spricht ein Gebet und das Vaterunser und feiert das Abendmahl (wo zwei oder drei...) - einfach zuhause am Küchentisch, wie ein Mini-Gottesdienst. So konnte ich schon ein paar Mal mit 1-3 Personen feiern und beten. Man spricht dabei  von "Communion", das für manche vielleicht katholisch klingt. Anfangs habe ich Leute besucht, die am Ende zu mir sagten: "The next time you're here, would you please bring communion?" = "Würden Sie das nächste Mal bitte Abendmahl mitbringen?" - Es ist ein schönes kleines Ritual, das die Menschen, die nicht mehr aus dem Haus können oder wollen, mit der Gemeinde vor Ort (und weltweit) verbindet, und ihnen den Zuspruch im Glauben bietet.


Hier seht ihr das Set eines Pfarrers zu Besuch: Bibel und Kommunionstasche. Ich habe mir darüber hinaus noch eine kleine Holzschale und Holzbecher besorgt, weil das einfach schöner aussieht. Da gibts dann eine Mini-Oblate und einen Mini-Schluck Traubensaft. Die Holz-Utensilien habe ich in dem kleinen groben Leinensäckchen. 

Hintergrund ist übrigens ein T-Shirt einer LGBT-Support Gruppe, das ich in Lakeland bekam, wo wir einen Vortrag über Menschenrechte hörten (siehe älteren Beitrag). "Alphabet-Soup" ist auf  Deutsch "Buchstabensuppe" und nimmt die übliche Bezeichnung LGBTQIA usw. ein bisschen auf die Schippe. - In unserer Kirche sind alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder Identität ausdrücklich willkommen.

Eine andere coole Sache, die die Gemeinde hier macht, ist das "Community Meal", dabei handelt es sich um ein gemeinsames Essen, dass jeden ersten Mittwoch des Monats stattfindet. Dabei sind nicht nur alle in der Gemeinde, sondern auch alle hier im Ort eingeladen - und es ist kostenlos. Zusätzlich zu unserer "Peace Pantry" (eine Art öffentlich zugänglicher Schrank, wo man Nahrungsmittel und andere einfache Haushaltsgegenstände kostenlos mitnehmen kann) bietet das Community Meal eine Möglichkeit für weniger Betuchte, eine vollwertige Mahlzeit zu bekommen und zugleich viele Menschen kennenzulernen. Sowohl das Community Meal als auch die Peace Pantry werden von Spenden finanziert oder direkt mit Naturalien bestückt. 

Wenn man bedenkt, dass im reichsten Land der Welt (USA) die Rechte von Wohnungseigentümern und Arbeitern teilweise miserabel sind verglichen mit Europa, dann bekommt man eine Idee, warum diese Aktionen so wichtig und gut sind. In den meisten Jobs kann man immer noch von heute auf morgen gefeuert werden, es gibt kaum sowas wie Elternzeit, Urlaubstage sind wesentlich geringer usw. Auch aus der Wohnung kann man gern mal innerhalb einer Woche rausgeschmissen werden. Krankenversicherung ist nicht allgemein verbreitet - und so weiter. Gleichzeitig ist es erstaunlich, wie großzügig die Amerikaner sind. Dafür, dass viele so wenig Steuern zahlen müssen, sind sie bereit, das "überschüssige" Geld aus eigenem Willen an wohltätige Zwecke zu geben, besonders wenn es die Kirchengemeinde vor Ort betrifft.

Trotzdem denke ich in diesem Fall, das unser (deutsches / europäisches) politisches System - ein Kapitalismus, der durch starke Sozialpositionen ausbalanciert ist - insgesamt besser funktioniert. Ist schon ironisch, dass in Europa, das so lange unter Feudalismus und restaurativen (bishin zu faschistischen) Ideen schmachtete und deswegen einen Exodus in die Neue Welt erlebte, aktuell um einiges progressiver ist als hier, vor allem bei Arbeitnehmer- und Mieterrechten. Inspirieren sollten uns weniger Ausnahmeaktionen, die einem Mißstand abhelfen, als ein System, das diesen Mißstand gar nicht erst zulässt... (Aber ich komme schon wieder ins Predigen...)

Aber ich denke, unabhängig davon - besonders in einer Kleinstadt - sind die Nahrungsspenden und das große Gemeinschaftsmahl eine tolle Möglichkeit, als Kirche unserem Auftrag nachzukommen, der Welt Gottes Liebe grenzenlos mitzuteilen.

Wenn wir schon beim Predigen und Kirche sind, so besuchte ich am Samstag noch den Südost-"Pfarrkonvent" unserer "Landeskirche" (Southeast Association, Wisconsin UCC) in der Pilgerkirche in Grafton:



Eric war ja diese Woche im Urlaub, daher verbrachte ich den Rest des Tages mit der Vorbereitung für die Sonntagsgottesdienste. So viel erstmal wieder!



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